Einfahrt in den Berg – Schwazer Silberbergwerk

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“Glück Auf” so wird man von den Bergleuten begrüßt. Das Silberbergwerk am Falkenstein in Schwaz wurde als „Mutter aller Bergwerke“ benannt. Um 1500, auf dem Höhepunkt des Silberbergbaus lebten in Schwaz mehr als 20.000 Menschen, davon waren allein 11.000 Bergknappen und es war die zweitgrößte Ortschaft nach Wien im Habsburger Reich.  Heute leben in Schwaz ca. 13.900 Einwohner. Die Region war eine der großen Bergbaumetropolen in Europa.

Stolleneingang (c) Schwazer Silberbergwerk

Bei unserem Besuch der Silberregion Karwendel stand dieses Mal der Besuch des Schaubergwerks Schwazer Silberbergwerk auf dem Programm.

Doch zuerst werden wir von unserem Besucherführer mit silbernen Mänteln und Schutzhelmen ausgestattet. Die Mäntel sind wasserdicht, was auch nötig ist, denn es tropft im Berg, in den Stollen von der Decke. Selbst für den kleinsten Besucher mit gerade mal 3 Jahren war ein passendes Mäntelchen vorhanden.

Es geht bei einem faszinierenden Abenteuer mit der Bahn 800 m in 8 Minuten Fahrzeit unter Tage und dann durchqueren wir die Stollen weiter zu Fuß.

Sehr anschaulich erfahren wir an verschiedenen Stationen, welch harte Arbeit die Knappen im Berg verrichten mussten, um an das begehrte Silber und Kupfer zu gelangen. Im Bergwerk herrscht eine konstante Temperatur von 12 Grad und heilklimatische Bedingungen. Die Allergenfreie Luft mit der hohen Luftfeuchtigkeit bringen Linderung der Beschwerden bei Bronchialerkrankungen und für Asthmatiker.

Der Silberabbau im Schwazer Silberbergwerk begann laut einer unbestätigten Sage im Jahre 1409, als die Magd Gertraud Kandlerin des Weideviehs hütete und ein wildgewordener Stier mit seinen Hörnern auf dem Kogelmoos eine Grasnarbe aufgerissen hatte, dabei kam ein silbererzhaltigen, dunkel glänzender Stein zum Vorschein.

Es wird gegraben, sie werden pfündig und mutige Burschen stoßen immer weiter in den Berg vor. Mit einfachstem Werkzeug entreißen sie dem Berg seine Schätze. Erst sind es nur wenige Erzsucher, doch der Bergsegen spricht sich rasch herum und die Schwazer Bergbauindustrie erlebt eine Hochkonjunktur. Die Eigentümer fordern immer mehr Erträge. Immer tiefer stoßen die Bergleute in den Berg vor. 1554 waren in den Schwazer Bergrevieren täglich über 7400 Bergknappen beschäftigt.

Bald erreichen die Knappen Stellen, wo die Natur dem Abbau entgegentritt. Wasser, das durch den Berg sickert und sich sammelt, wird zum größten Feind der Bergleute. 600 Wasserschöpfer in 6 Schichten a 4 Stunden müssen die Abbaue da unten trocken halten und an den Grenzen ihrer Belastbarkeit holen sie Wasser aus dem Schacht. Sie arbeiten Tag und Nacht, ohne Unterlass.

Nach einer Bauzeit von 18 Jahren erreichen die Knappen eine Tiefe von 238 m. Heute erscheinen uns die Abbautechnik primitiv, aber damals war es auf dem neusten Stand der Technik. Mit Schlägel und Eisen dringen die Knappen in den Berg vor und ringen ihm seine Schätze ab. In dem Schacht wird das Erzhaltige Gestein geborgen und mit Wagen heraus befördert. Das immer mehr werdende Wasser ließ es nicht mehr zu, die untersten Läufe, trotz aller Anstrengung, trocken zu halten. Man musste die untersten Schächte aufgeben.

In der Blütezeit lieferte Schwaz alleine bis zu 85% der Welt-Silberproduktion. Kaiser Maximilian I. finanzierte damit seine zahlreichen Kriege und verhalf seinem Enkel Karl V. durch Bestechungsgelder zum Kaiser-Tron. Schwazer Silber und Kupfer bilden die finanzielle Basis für das Weltreich der Habsburger. Doch die wahren Herrscher dieser Welt waren die Fugger aus Augsburg, die im Hintergrund die Fäden ziehen. Sie sind die Bänker der Päpste, Kaiser und Könige. Die Fugger sind auch in Besitz von Abbaurechten am Schwazer Bergbau. Ihr Reichtum ist unermesslich. Dies spiegelt sich in zahlreichen Bauten in Schwaz und Umgebung wider.

So zählt die Schwazer Pfarrkirche Maria Himmelfahrt, die mit 14.000 massiven Kupferplatten gedeckt ist, zu den schönsten, bedeutendsten sakralen gotischen Bauten Tirols und ist eine der wenigen vierschiffigen Kirchen in Europa. Sie wurde mit Mitteln aus dem Bergbau finanziert.

In der Innsbrucker Gusshütte des Hans Löffler wird das Schwazer Kupfer zu Bronze weiterverarbeitet, nur wenige kennen das Geheimnis um die richtige Zusammensetzung der Legierung aus 90% Kupfer und 10% Zink. Kaiser Maximilian lässt daraus Kanonen gießen.

Die Bergbauleute waren eine verschworene Gemeinschaft. Von Kindesbeinen an erlernten sie diesen Menschen verzehrenden Beruf. Krankheit und Tod waren ständige Begleiter. Durch die Bruderlage, eine Einrichtung in die der Bergmann monatlich einen Kreuzer einzahlen musste, die man als Vorgänger unseres heutigen Sozialsystems ansehen kann, wurde das Bruderhaus finanziert. Dort wurden Kranke und verunfallte Bergleute gesund gepflegt. Die Welt unter Tage prägte die Männer, bis heute lebt das Bergwerksbewusstsein der Bergwerksverwanden, so heißen alle im Bergwerk beschäftigten, fort. Bergmann sein ist kein Beruf, sondern ein Stand, hört man auch heute noch Bergleute voller Stolz sagen.

Auch technisch hatte der Schwazer Bergbau eine Vorreiterrolle. Ein wahres Meisterwerk ging in Betrieb, die wohl einzigartigen Schwazer Wasserkunst, die von einem Werksmeister namens Anton Lasser konstruiert wurde. Die Idee Wasser hebt Wasser. Um das Wasserrad, welches einen Durchmesser von 9,20 m hatte, in Bewegung zu setzen, wurde über ein 4 km langes hölzernes Gerinne das Aufschlagwasser eines Gebirgsbaches in den Berg geleitet. Das gehobene Wasser floss zusammen mit dem verbrauchten Aufschlagwasser über den Sigmund-Erbstollen ins Tal. Somit wurde der Abbau unterhalb der Stollensohle ermöglicht. 1650 reichte die Wasserkunst nicht mehr aus und es wurde ein zweites Wasserrad mit 9,90 m Durchmesser mit einer Pumpenkunst, nach Art der Ehrenfriedersdorfer Radpumpenantrieb, eingebaut. Durch den Einbau eines dritten Wasserrades (10,60m Durchmesser) im Jahre 1755, welches über ein Feldgestänge mit dem zweiten Wasserrad verbunden wurde, erhöhte man die Antriebsleistung der Pumpenkunst.

Das Schwazer Silberbergwerk wurde bis 1957 auf „Sparflamme“ weiterbetrieben, später wurde nur noch Schotter gewonnen. Aufgrund der Globalisierung und der immer schwieriger werdenden Bedingungen war der Bergbau international nicht mehr konkurrenzfähig. Der Abbau in Schwaz wurde aufgrund eines gewaltigen Felssturzes im Jahre 1999 gänzlich eingestellt. Heute kann man sich auf historische Silberspurensuche im berühmten Schaubergwerk begeben, das Besucherbergwerk befindet sich im Sigmund-Erbstollen. Ein Besuch ist sehr zu empfehlen.

Mehr Informationen zum Schwazer Silberbergwerk

Schwazer Silberbergwerk, Alte Landstraße 3a, 6130Schwaz www.silberbergwerk.at Eine Führung dauert rund 90 Minuten.
Öffnungszeiten:
Hauptsaison: Mai – September tgl. von 09.00 bis 17.00 Uhr
Nebensaison: Oktober – April tgl. von 10.00 bis 16.00 Uhr

Wir danken dem Tourismusverband Silberregion Karwendel, besonders Elisabeth Frontull, Geschäftsführerin, Lisa Schneeberger, den Mitarbeitern des Schwazer Silberbergwerk für die Unterstützung. Mehr Informationen zur Silberregion Karwendel 

Fotos: Gabriele Wilms und Michael Cremer

Silberregion Karwendel – Urlaub fernab vom Massentourismus 

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Gabriele Wilms
Über Gabriele Wilms 778 Artikel
Seit vielen Jahren beschäftige ich mich intensiv mit der Tätigkeit als Reisejournalistin und Bloggerin. Ich bin Inhaberin des Reisemagazin Toureal und betreue es als verantwortliche Chefredakteurin. Gut ein Drittel des Jahres bin ich daher in den schönsten Hotels, Regionen Europas und weltweit für unser Reisemagazin unterwegs .

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